Pressemitteilung | Krebs: neue Hoffnung durch Biologics

Die Diagnose Krebs ist nach wie vor ein Schock: Wer erfährt, dass er an Krebs erkrankt ist, wird häufig von der Angst gepackt – Angst vor der OP, vor Chemotherapien und davor, dass vielleicht doch keine Therapie mehr hilft. Doch Krebs ist nicht gleich Krebs. So unterschiedlich die Erkrankungen sind, so individuell sind auch die Behandlungsmöglichkeiten. So lautet ein wichtiges Fazit des 4. Hamburger Krebstages, bei dem am 5. September die neuesten Therapieansätze vorgestellt wurden.

Dass viele Tumorarten ihren Schrecken verloren haben, liegt vor allem daran, dass sich die Krebsforschung stark weiterentwickelt hat. Ein Trend: der Einsatz von Antikörpern, die auf unterschiedliche Weise das Wachstum der Tumorzellen bremsen. Der Hintergrund: Antikörper sind ein wichtiger Teil unserer Immunabwehr. Die Eigenschaft, gezielt bestimmte Zellmerkmale zu erkennen, nutzen Mediziner heute auch zur Behandlung von Krebs. Viele überwiegend künstlich hergestellte Antikörper, genauer molekulare Substanzen oder Biologics, sind bereits als Krebsmedikament zugelassen.

„Sie erkennen Tumorzellen aufgrund von Oberflächenstrukturen und heften sich an ihnen fest“, erklärte Prof. Dr. Udo Vanhoefer, Leiter des Onkologischen Zentrums am Marienkrankenhaus, beim 4. Hamburger Krebstag. Hier können sie dann auf unterschiedliche Weise das Größerwerden der Krebszellen und die Metastasierung bremsen. Der Antikörper Trastuzumab beispielsweise kann bei bestimmten Formen von Brust- und Magenkrebs helfen, indem er nach der Anbindung an die Tumorzelle sehr effektiv Stoffwechselsignale unterbricht und damit die Ausbreitung des Tumors drosselt. „Die Erfahrung hat gezeigt, dass für diese Patienten eine Chemotherapie in Kombination mit Trastuzumab wesentlich besser wirksam ist als die alleinige Chemotherapie“, so Vanhoefer. Andere Biologics dienen als Träger für Zellgift, das dann direkt an die Krebszelle herangeführt werden kann, was wiederum Nebenwirkungen verringert. Bei B-Zell-Lymphomen lassen sich durch das Ausschalten des B-Zellrezeptors (BTK-Inhibitoren, z.B. Ibrutinib) beindruckende Therapieerfolge erzielen. Auch in der medikamentösen Therapie gibt es Dank der Forschung neue Hoffnung für Krebspatienten: Bei Lungentumoren mit bestimmten Mutationen kann durch eine Tablettentherapie (z. B. Tyrosinkinasehemmer Afatinib) eine  Blockade bestimmter  Signalwege der Tumorzelle erreicht werden, die zu einer sehr hohen Rate an Tumorrückbildungen führt – die Nebenwirkungen sind deutlich geringer als mit einer Chemotherapie bei deutlich besserer Tumorwirksamkeit. 

„Durch die Behandlung mit diesen Substanzen können die Heilungschancen und die Lebensqualität erheblich verbessert werden“, betonte Vanhoefer. Allerdings: Nicht immer ist die Behandlung möglich. „Deswegen analysieren wir im Vorfeld die molekulargenetischen Eigenschaften der Tumore. Dies erlaubt uns, die Patienten zu identifizieren, die von der Antikörpertherapie profitieren können“, so Vanhoefer. Den größten Forschungsbedarf sieht der Onkologe deshalb auf dem Gebiet der Molekulargenetik: "Wir müssen in Zukunft noch mehr verstehen, wie Veränderungen in den Tumorzellen und die Wirkmechanismen der Medikamente zusammenhängen, um Resistenzen gegen die neuen Medikamente beherrschen zu können." Man wisse bereits, dass Tumorzellen Wege finden, die Angriffspunkte der Medikamente zu umgehen. Dann könne man oft noch auf andere Medikamente ausweichen. "Aber die Therapiemöglichkeiten werden nach Versagen eines Medikamentes immer geringer."