Weltpremiere im Marienkrankenhaus

Weltpremiere im Hamburger Marienkrankenhaus: ein Team aus spezialisierten Kardiologen, Anästhesiologen und Herzchirurgen hat erstmals weltweit eine defekte Herzklappe mit einem komplett neuartigen Verfahren repariert. Die 79-jährige Patientin litt an einer sogenannten Mitralklappeninsuffizienz und unter starker Luftnot. Eine Mitralklappeninsuffizienz äußert sich darin, dass die beiden Segel der Herzklappe zwischen linkem Vorhof und linker Herzkammer nicht mehr richtig schließen.

Da ein herzchirurgischer Eingriff wegen mehrerer Vorerkrankungen der Patientin nicht infrage kam und auch andere etablierte Verfahren mit einem Katheter (z.B. sogenannte Mitra-Clips) nicht möglich waren, entschlossen sich der Chefarzt der Kardiologie, Prof. Dr. Ulrich Schäfer, und sein Team, bei der Frau ein komplett neuartiges Verfahren anzuwenden: Sie schoben von der Leiste aus über eine Vene einen Katheter bis ins linke Herz vor und setzten dann durch diesen Katheter ein neues Mitralklappensegel ein, das auf dem hinteren natürlichen Klappensegel mit fünf Schrauben am Klappenring befestigt wurde. Dabei wird, gewissermaßen huckepack, das natürliche Segel nach vorne verlängert, so dass die Klappe wieder richtig schließt.

An dem anderthalbstündigen Eingriff am 22. November 2019 waren Prof. Dr. Norbert Rolf (Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie am Marienkrankenhaus), der Herzchirurg Dr. Ralf Bader aus der Asklepios Klinik St. Georg und Dr. Felix Kreidel aus Mainz beteiligt.

„Besonders aufregend war, dass es sich hierbei um die weltweit erste Anwendung im Menschen handelte und die Patientin sich bewusst sein musste, dass es bisher keine klinischen Erfahrungen mit diesem Klappensystem beim Menschen gab“, sagt Prof. Schäfer. Das Verfahren wurde bisher nur in einer Studie im Rahmen einer offenen Herzoperation an 59 Patienten erprobt. Doch der Aufwand hat sich gelohnt: der Patientin geht es jetzt deutlich besser, sagt Schäfer. Um den Eingriff durchführen zu können, erhielten die Ärzte eine dringliche Einzelfallgenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Im nächsten Schritt soll die Methode in einer kleinen Studie mit insgesamt zehn Patienten in Hamburg und einer Klinik in Bern erprobt werden. „Nach unserer Einschätzung könnte dieses Verfahren einen Paradigmenwechsel in der Therapie der Mitralklappeninsuffizienz bedeuten. Insbesondere für Patienten mit einem hohen Risiko für einen offenen herzchirurgischen Eingriff könnte diese Therapie künftig von großer Bedeutung sein.“

Foto: Prof. Dr. Norbert Rolf und Prof. Dr. Ulrich Schäfer mit der 79-jährigen Patientin der Weltpremiere.