"Nierenstein-OP: Wie von einer Last befreit"

Michael Lingner (63) litt schon vor Jahren an Koliken, Nierensteine waren der Auslöser. 2010 lässt sich ein Eingriff nicht mehr hinauszögern, weitere Steine haben sich gebildet, müssen entfernt werden. Das kostet Überwindung, auch weil der Hochschulprofessor mit nur einer Niere lebt – doch die minimal-invasive OP verläuft gut, die Erleichterung ist groß.

„Bei den Nierensteinen handelt es sich um ein altes Leiden“, berichtet Michael Lingner, Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg „erstmalig wurden sie bei mir bereits 1987 entdeckt.“ Im Sommer spielt er damals ein Tennisturnier, „und trotz der Hitze und dem stundenlangen Spiel nahm ich kaum Flüssigkeit zu mir. Das war eben damals so – wenig trinken, sagte man, denn das schwitze man sowieso nur aus“, erinnert er sich. Am nächsten Tag kommt, wie er sagt, die Quittung für dieses Verhalten: „Über eine Stunde schmerzhafte Nierenkoliken. Aber gerade im Moment als der Arzt eintraf, ging der Stein spontan ab.“

Mittlerweile ist die Niere von Michael Lingner wieder steinfrei und frei von Gries.

An Nierensteinen leiden etwa fünf Prozent der deutschen Bevölkerung, am häufigsten zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr. Bemerkbar machen sich die Steine häufig erst, wenn Nierenkoliken einsetzen mit krampfartigen Schmerzen, die bis zur Ohnmacht führen können, meist im seitlichen Unterbauch. Weltmeister im Schwergewicht Wladimir Klitschko klagte bereits über diese zuvor „nie gefühlten Schmerzen“, auch Fußball-Legende Maradona hat Erfahrung mit den Koliken. Männer sind tatsächlich etwa doppelt so häufig betroffen wie Frauen, ermittelte die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie. Ein Grund könnten Ernährungsgewohnheiten sein, Männer essen häufiger Fleisch, nehmen somit mehr tierisches Eiweiß zu sich, das auch im Verdacht steht, die Bildung von Nierensteinen zu begünstigen.

  • Was sind Nierensteine?

    Nierensteine kommen in unterschiedlicher, chemischer Zusammensetzung vor. Am häufigsten, in 75 bis 80 % der Fälle, werden bei deutschen Patienten Calciumoxalat-Steine diagnostiziert. Harnsäure- bzw. Urat-Steine sind weniger häufig, darauf folgen Struvit- oder Infektsteine, auch Magnesiumammoniumphosphat- Steine genannt, seltener sind Calciumphosphat-, Cystin- und Xanthin-Steine, auch Mischformen kommen vor.

Prof. Dr. med. Michael Rink, Chefarzt an der Urologischen Klinik des Marienkrankenhauses, erklärt: „Nierensteine können diese typischen kolikartigen Schmerzen auslösen, weil sie wie ein akutes Abflusshindernis wirken: Der Urin kann nicht oder nur unzureichend abfließen und bildet einen Druckstau, der Harnleiter verkrampft. Je nachdem wo der Stein oder die Steine sitzen, in der Niere oder dem Harnleiter, schmerzt etwa die Leistengegend, der Ober- oder der Unterbauch. Schmerzt es im Genitalbereich, kann man sagen: Der Stein sitzt schon kurz vor der Blase.“

Eine stumme Niere wird diagnostiziert

Nach der Nierenkolik erfolgt eine Ultraschalluntersuchung, dabei wird Nierengries in der rechten Niere entdeckt, die linke Niere jedoch kann durch bildgebende Verfahren nicht dargestellt werden! „Ich hatte eine sogenannte stumme Niere, die unterentwickelt war und wohl schon in meiner Jugend ihre Funktion allmählich aufgegeben hatte“, berichtet Michael Lingner – ein genetisch bedingter Wachstumsfehler gilt als Ursache. Die stumme Niere wird operativ entfernt, und die rechte Niere übernimmt nun alle Funktionen allein – hatte aber auch Steine gebildet. Regelmäßige, urologische Kontrollen der verbliebenen Niere sind nun obligatorisch, mindestens einmal pro Jahr. Glücklicherweise bleiben die Werte im Normbereich: „Ich hatte gelernt, mich bewusster zu ernähren und auch beim Sport genügend und das Richtige zu trinken“, sagt Michael Lingner.

Mehrere Steine haben sich gebildet – und müssen entfernt werden

Gegen Ende der 90er-Jahre bildet sich ein weiterer Nierenstein, der erfolgreich zertrümmert wird, bei nachfolgenden Untersuchungen wird nicht weiter behandlungsbedürftiger Nierengrieß diagnostiziert. Im Jahr 2010 konsultiert Prof. Lingner auf Empfehlung das Marienkrankenhaus, wo bereits bei der ersten Routineuntersuchung per Ultraschall mehrere große Steine in der Niere entdeckt wurde. „Sie saßen in den Nierenkelchen und waren schlecht sichtbar. Beschwerden machten sie mir keine und ich erfuhr, dass Steine in den Nierenkelchen nicht dazu neigen, spontan abzugehen. Das hätte allerdings auch dramatisch werden können, denn sie hatten teilweise Durchmesser von über einem Zentimeter!“, berichtet der 63-Jährige.

Asymptomatische Steine – Steine, die keine Symptome hervorrufen – müssen nicht unbedingt entfernt werden, erklärt Urologe Prof. Dr. Rink, „das hängt auch vom Gesamtzustand des Patienten oder Begleiterkrankungen ab.“ Aber: Rufen sie Gewebeschädigungen hervor, verursachen Schmerzen und Infektionen, „oder es wird bei Kontrolluntersuchungen erkannt, dass sie wachsen, müssen sie entfernt werden“, so der Experte. Aber aufgrund von Anzahl, Lage und Größe der Steine könne das diesmal nicht durch Zertrümmerung geschehen, sondern perkutan – durch die Haut – im Bereich der Flanke, beschreibt Prof. Lingner.

Wenn Steine nicht zertrümmert werden können

„Häufig werden Steine zertrümmert per ESWL – Extrakorporale-Stoß-Wellen- Lithotripsie. Hierbei werden elektrisch oder elektromagnetisch erzeugte Stoßwellen entweder mit Ultraschall oder röntgenologisch gesteuert. Diese Lasersteinzertrümmerung ist ein minimalinvasiver Eingriff – entweder ureterorenoskopisch über die Harnröhre oder perkutan in der Niere appliziert“, erklärt Urologe Prof. Dr. Rink. Es komme aber vor, dass Steine nicht per ESWL zertrümmert werden können. Zum Beispiel, wenn eine zu große Anzahl von Nierensteinen vorliegt. Oder die anatomische Lage es nicht zulässt: „Denn befinden sich die Steine in den Nierenkelchen und sind diese sehr fein und lang, ist der Abgang schwer möglich“, so der Chefarzt.

Das minimalinvasive PNL-Verfahren

„Darum haben wir uns für die perkutane Steinentfernung entschieden: das PNL-Verfahren – Perkutane Nephrolitholapaxie“, so der Urologe. Die Nierensteine werden unter Vollnarkose mittels einer Kombination aus Röntgen und Ultraschall sichtbar gemacht. Durch die Flanke wird eine Punktionsnadel in den Nierenkelch geschoben, der Einstichkanal dann von 1 mm auf 1 cm erweitert, „wir schaffen uns so einen Arbeitskanal. Durch diesen schieben wir Instrumente, etwa das Nephroskop, mit welchen wir die Steine holen. Oder zertrümmern – z.B. per Ultraschall oder Laser – und absaugen können. Das Verfahren ist minimalinvasiv, Patienten können das Krankenhaus nach etwa fünf Tagen wieder verlassen“, sagt Prof. Dr. Rink.

Prof. Dr. med. Michael Rink

Prof. Dr. med. Michael Rink

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  • Funktionen

    • Chefarzt der Urologischen Klinik
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  • Lebenslauf

    seit 03/2023 Chefarzt der Urologischen Klinik, Kath. Marienkrankenhaus
    11/2020-02/2023 Leitender Koordinator des DKG-zertifizierten Uroonkologischen Tumorzentrums (Harnblase und Niere) am UKE Hamburg
    09/2020-02/2023 Leitender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Urologie, UKE
    06/2020 Professur der Universität Hamburg (APL)
    05/2016-10/2017 Oberarzt der Martini-Klinik (Prostatakarzinom Zentrum) am UKE
    09/2014 Habilitation und Venia legendi
    ab 02/2014 Oberarzt der Klinik und Poliklinik f. Urologie, UKE
    ab 01/2013 Research Fellowship: Brady Urologic Health Center, Weill Medical College of Cornell University, New York, USA
    07/2011-06/2012 Deutscher und Europäischer Facharzt für Urologie (FEBU)
    2006-01/2013 Wissenschaftlicher Assistenzarzt der Klinik für Urologie, UKE Hamburg
    07/2007 Dissertation (Westfälischen Wilhelms Universität Münster)
    2006 Approbation
    2000-2006 Studium der Humanmedizin an der Westfälischen Wilhelms Universität Münster
  • Besondere klinische Erfahrung

    • Zertifizierter Harnblasen- und Nierentumor Operateur
    • Zertifizierter DaVinci-Konsolenchirurg für robotisch-assistierte, laparoskopische Chirurgie
    • Zertifizierter Rezum® Operateur (Wasserdampfablation Prostata)
    • Große urologische Tumorchirurgie (Prostata, Blase, Niere)
    • Plastisch-rekonstruktive Urologie (inkl. Harnröhren Rekonstruktion mit Mundschleimhaut Autotransplantation)
  • Publikationen

    Peer-reviewed Artikel in Fachzeitschriften: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/?term=rink+m 

    Buchbeiträge

    1. Michael Rink, Margit Fisch: 
      Kapitel: Non-continent urinary diversion
      Bladder Cancer: Diagnosis and Clinical Management, 1st Edition (2013),
      Verlag: Wiley–Blackwell
       
    2. Michael Rink, Margit Fisch
      Kapitel: Transverse Colonic Conduit
      Glenn’s Urologic Surgery, 8th Edition, Section Urinary Diversion (2016),
      Verlag: Lippincott Williams & Wilkins
       
    3. Michael Rink, Margit Fisch
      Kapitel: Ureterosigmoidostomy: Mainz Pouch II
      Glenn’s Urologic Surgery, 8th Edition, Section Urinary Diversion (2016),
      Verlag: Lippincott Williams & Wilkins
       
    4. Michael Rink
      Kapitel: Inkontinente Harnableitungen,
      Die Urologie, 1. Auflage (2016), Verlag: Springer
       
    5. Kathrin Simonis, Michael Rink
      Kapitel: Backpain (Section: from symptoms to diagnosis)
      Urology at a glance, 1st edition (2013), Verlag: Springer
       
    6. Kathrin Simonis, Michael Rink
      Kapitel: Paraphimosis (Section: from diagnosis to treatment)
      Urology at a glance, 1st edition (2013), Verlag: Springer
       
    7. Michael Rink, Margit Fisch
      Kapitel: Ileal conduit diversion
      Urologic Surgery: Step-by-Step, 1st edition (2014), Verlag: Wiley–Blackwell
       
    8. A. Soave, M. Rink, M. Fisch
      Kapitel: Hypospadie
      Facharztwissen Urologie, 3. Auflage (2014), Verlag: Springer
       
    9. A. Soave, M. Rink, M. Fisch
      Kapitel: Epispadie-Ekstrophie-Komplex
      Facharztwissen Urologie, 3. Auflage (2014), Verlag: Springer
       
    10. A. Soave, M. Rink, M. Fisch, R. Beetz
      Kapitel: Harnröhrenklappen
      Facharztwissen Urologie, 3. Auflage (2014), Verlag: Springer
       
    11. Michael Rink
      Kapitel: Inkontinente Harnableitungen,'
      Die Urologie, 2. Auflage, Verlag: Springer (voraussichtliches Erscheinungsdatum 2023)

Die OP verläuft gut, alle Steine werden entfernt

„Auch aufgrund meiner Situation mit nur einer Niere wurde mir nachdrücklich die OP mit großer Sachlichkeit ans Herz gelegt. Schließlich konnte ich mich dann aufraffen und wurde im März 2012, in den Semesterferien, nach nochmaliger eingehender Untersuchung unter Vollnarkose operiert“, berichtet der Hochschulprofessor.

„Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl der Erleichterung als ich aus der Narkose erwacht war und mir ein Reagenzglas voll mit meinen Steinen gezeigt wurde. Ich war wie von einer Last befreit, auch weil letztlich alles gut gegangen war. Ebenfalls die Nachuntersuchungen ergaben: Meine Einzelniere funktionierte, war steinfrei und frei von Gries“, berichtet Prof. Michael Lingner.

  • Tipp: Nierensteine vermeiden

    Calciumoxalat-Steine sind vermeidbar: indem man viel trinkt, auf eine ausgewogene Ernährung achtet und bei den Milchprodukten nicht übertreibt, wenig Schokolade genießt und Infekte möglichst vermeidet. Bei Harnsäure-Steinbildung liegt zudem häufig eine genetische Disposition vor. Um die Neubildung von Steinen nach Möglichkeit zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen, erhalten Patienten, die an Nierengries oder Nierensteinen leiden, im Marienkrankenhaus ein Merkblatt, dass je nach Stein-Typ auflistet, was in Sachen Ernährung, Flüssigkeitszufuhr und Lebensführung zu beachten ist.

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